den 14. September 2022,

 

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, stellte am 14. September vor dem Europäischen Parlament in Straßbur ihren Bericht zur Lage der Union 2022 vor. Schwerpunkt des Berichtes waren in diesem Jahr der Krieg in der Ukraine sowie die Energieautonomie der EU.

 

Krieg in der Ukraine

Präsidentin von der Leyen bekräftigte nochmals die Unterstützung für die Ukraine seitens der EU und lobte den Mut der ukrainischen Bürgerinnen und Bürger: „Europas Unterstützung für die Ukraine ist unerschütterlich. Die Sanktionen gegen Russland werden  aufrechterhalten; dies ist nicht die Zeit für eine Politik der Beschwichtigung. Gleiches gilt für unsere Unterstützung der Ukraine.“ Diese Unterstützung umfasst „den Wiederaufbau zerstörter ukrainischer Schulen mit 100 Millionen Euro aus EU-Mitteln“,  Aufnahme der Ukraine  in den Raum der EU-free roaming Verordnung sowie einen nahtlosen Zugang der Ukraine zum EU-Binnenmarkt“. Als besonders dringlich betonte sie die Notwendigkeit, die Energieabhängigkeit Europas von Russland zu beenden: „Wir müssen uns energiepolitisch diversifizieren weg von Russland und künftig aus den USA, Norwegen und Algerien importieren“.

Präsidentin von der Leyen öffnete auch die Tür für den Beitritt der Ukraine in die EU zusammen mit Moldawien und Georgien: „Ihr seid Teil unserer Familie, Ihr seid die Zukunft unserer Union. Unsere Union ist ohne Euch nicht vollständig“.

 

Steigende Energiepreise und Armut

Dann wechselte sie zur EU-Außenpolitik und nahm die Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise für die europäischen Bürgerinnen und Bürger in den Blick. „Die vor uns liegenden Zeiten werden nicht einfach sein. Das gilt für Familien, die Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen, oder für Unternehmen, die vor schwierigen Entscheidungen für die Zukunft stehen.“ Sie forderte die Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf, „an die Mütter und Väter in Europa zu denken“, die früher zur Arbeit gehen müssen, um von niedrigeren Energiepreisen zu profitieren, und „Alleinerziehende,  die sich mit einer gewaltigen Stromabrechnung nach der anderen konfrontiert sehen“. Die Europäische Kommission schlug daher als vorübergehende Maßnahme eine „Einnahmenobergrenze von Unternehmen vor, die Energie zu niedrigen Kosten produzieren. Der Profit muss denjenigen zugutekommen, die ihn am nötigsten brauchen“. Präsidentin von der Leyen regte auch die Reform des Strommarktes zugunsten erneuerbarer Energien an.

In Bezug auf die Konjunkturerhiolung nach der Pandemie betonte sie die Bedeutung des Next-Generation EU-Programms: „Lasst uns den Geist von Maastricht wiederentdecken: Stabilität und Wachstum können nur Hand in Hand gehen.“ In diesem Zusammenhang verwies sie auf die Notwendigkeit, in Hochschulbildung zu investieren, und kündigte an, dass „2023 das europäische Jahr der allgemeinen und beruflichen Bildung sein wird“.

 

Demokratie in Europa und der Welt

Präsidentin von der Leyen bekräftigte auch das Engagement der EU für Demokratie und den Schutz von „EU-Werten“ in Europa mittels der geplanten Präsentation eines Pakts zur Verteidigung der Demokratie durch die Kommission zur Bekämpfung ausländischer Angriffe, die auf Desinformation abzielen. Sie erinnerte auch an den Konditionalitätsmechanismus – der den Erhalt  von EU-Zuschüssen an die Einhaltung von EU-Werten koppelt  – zur Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung von Korruption in Europa.

Im vergangenen Sommer hatte Präsidentin von der Leyen in Taizé über diese europäischen Werte gesprochen und in ihrer Rede den emeritierten Papst Benedikt XVI vor dem Deutschen Bundestag zitiert. Seinerzeit schloss er seine Rede  mit einer Beschreibung der Grundwerte, die das kulturelle Erbe Europas ausmachen: „Die Idee der Menschenrechte, die Idee der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, die Anerkennung der Unantastbarkeit der Menschenwürde einer jeden Person, und das Bewusstsein der Verantwortung der Menschen für ihr Handeln.“

 

Revision der EU-Verträge

Abschließend erinnerte Präsidentin von der Leyen an die Verantwortung Europas für die nächsten Generationen: „Wir dürfen die Zukunft unserer Kinder nicht beschädigen und müssen  der nächsten Generation eine bessere Welt hinterlassen. Es ist Zeit, die Solidarität zwischen den Generationen in unseren Verträgen zu verankern.“ Sie kündigte an, dass „es Zeit für einen Europäischen Konvent“ sei, der darauf abzielt, die EU-Verträge zu überarbeiten. Dies impliziert auch die Frage einer Änderung des Abstimmungssystems im Europäischen Rat, was ein Wechsel vom Einstimmigkeitsprinzip hin zum Prinzip der qualifizierten Mehrheit bedeuten könnte, und  somit die Vertretung aller Mitgliedstaaten im Rat in Frage stellen würde.