PRESSEMITTEILUNG

Das Europäische Parlament fordert in einer Richtlinie zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle „Geschlecht“ durch „soziales Geschlecht“ zu ersetzen

Straßburg, 6 April 2022

 

Das Europäische Parlament hat gestern beschlossen, eine Plenardebatte über einen heiklen Bericht zu umgehen, der fordert in einer EU-Richtlinie „Geschlecht“ durch „soziales Geschlecht“ zu ersetzen.

Dieser Bericht folgt dem Vorschlag der Europäischen Kommission eine Richtlinie zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles durch die Umsetzung von Maßnahmen zur Lohntransparenz zu erstellen. Die EMPL- und FEMM-Ausschüsse haben am 17. März 2022 einen Bericht zur „Stärkung der Anwendung des Grundsatzes der gleichen Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit von Männern und Frauen“ angenommen, der den Vorschlag der Kommission ändert.

Gemäß des Mitentscheidungsverfahrens kann der Bericht nach der Abstimmung im Ausschuss entweder dem Plenum vorgelegt werden oder das Europäische Parlament kann ohne Abstimmung aller 705 Abgeordneten direkt in interinstitutionelle Verhandlungen mit den anderen gesetzgebenden Organen der EU eintreten. Letztere Option wurde gestern vom Europäischen Parlament gewählt.

Dieser Bericht ist inhaltlich höchst problematisch und hätte Gegenstand einer offenen und demokratischen Debatte sein müssen. Tatsächlich ersetzt es systematisch die Erwähnung von „Geschlecht“ durch „soziales Geschlecht“. 

Die Vizepräsidentin der FAFCE, Angelika Weichsel Mitterrutzner, betonte, dass, wenn, wie von der Kommission angegeben, „das Ziel dieser Richtlinie darin besteht, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu bekämpfen, welche Art von Schutz werden diese Maßnahmen einführen, wenn Frauen nicht erwähnt werden?„.

Der Präsident der FAFCE, Vincenzo Bassi, stellt fest, dass „der vom Europäischen Parlament geänderte Text die Richtlinie von einem Rechtsakt zum Schutz der Frauen auf der Grundlage des EU-Rechts gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu einer vagen Verurteilung von Lohndiskriminierung aus unterschiedlichen Gründen machen würde. Das eigentliche Problem, um das es hier geht, ist nicht nur ideologischer oder formaler Natur: Hier besteht die Gefahr, den Schutz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verringern, insbesondere wenn sie Mütter sind. Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird die Diskriminierung von Frauen nicht mehr Gegenstand dieser Rechtsvorschriften sein.“

Eine Richtlinie ist ein Rechtsakt der EU mit unmittelbarer Rechtswirkung innerhalb der nationalen Gesetzgebungen. Es würde einen Präzedenzfall im EU-Recht schaffen, bei dem das Wort „soziales Geschlecht“ anstelle von „Geschlecht“ verwendet wird.

Die FAFCE fordert alle EU-Entscheidungsträger – die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat der EU – dazu auf, eine Richtlinie zu vermeiden, die den Schutz von Frauen vor Lohndiskriminierung untergraben und vernachlässigen würde.